Kita-Gebühren Wechselmodell

Kita-Gebühren Wechselmodell

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

hiermit beantragen wir folgenden Beschlussvorschlag in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 23.11.2023 in einem eigens einzurichtenden Tagesordnungspunkt zur Abstimmung zu stellen:

Beschluss:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit Gerechtigkeit bei der Bemessung von Kita/OGS-Beiträgen für getrenntlebende Eltern hergestellt werden kann, die ihre Kinder im Wechselmodell betreuen.
Geprüft werden sollen die Möglichkeiten einer künftigen Erstellung von zwei separaten Beitragsbescheiden für getrenntlebende Eltern, die sich individuell am jeweiligen Einkommen der einzelnen Partner*innen bemessen.

Insbesondere ist zu ermitteln

  1. ob und inwieweit ein verwaltungstechnischer Mehraufwand entsteht.
  2. ob und welche finanziellen Auswirkungen durch diese Anpassung auf den städtischen Haushalt zu erwarten sind.

Begründung:

Deutschlandweit werden ca. 35 Prozent der Ehen mit Kindern geschieden. Auch auf nicht-verheiratete Paare mit Kindern dürfte diese Quote in etwa zutreffen. Immer mehr Eltern teilen sich nach der Trennung die elterliche Sorge gleichberechtigt und entscheiden sich für das sogenannte Wechselmodell, in dem gemeinsame Kinder alternierend in den Haushalten beider Eltern leben. Derzeit leben in Deutschland geschätzte 5 % der getrennten Familien mit Kindern in einem solchen Wechselmodell. Für eine Stadt wie Kerpen mit 34 Kindertagesstätten, diversen Tagespflegestellen und Offenem Ganztag lässt sich folgern, dass dutzende Familien in einem Wechselmodell leben, Tendenz steigend.

Bisher erstellt die Kolpingstadt Kerpen für alle getrenntlebendenden Elternteile einen gemeinsamen Bescheid über die Höhe von Kita/OGS-Gebühren. Während dies für Ex-Partner*innen, die ihre Kinder im üblicheren „Residenzmodell“ betreuen, Sinn ergeben mag – hier übernimmt ein Elternteil den Hauptteil der Betreuung und ist gegenüber dem/der Ex*-Partnerin auch hinsichtlich der Kita/OGS-Gebühren entsprechend unterhaltsberechtigt – entsteht hierbei jedoch für viele Eltern im Wechselmodell eine gravierende finanzielle Ungerechtigkeit:

Denn das weniger verdienende Elternteil trägt anteilig die Gebührenhöhe mit, die auf Basis einer gemeinsamen Bemessung zustande kommt. Der gemeinsame Bescheid wird bislang in einfacher Ausführung an ein Elternteil (den/die Antragssteller*in) zugestellt, die tatsächliche Aufteilung der Kosten obliegt dann den Ex-Partner*innen.

Dieses Vorgehen erscheint uns als nicht gerecht, da es die Kosten der Kinderbetreuung auf einer nicht mehr bestehenden gemeinsamen finanziellen Grundlage festsetzt und die Lasten pauschal zu gleichen Teilen verteilt. Zudem überträgt es Eltern, die sich als „getrennte Familie“ auch im besten Fall oft nicht in einer ganz spannungsfreien Lebenssituation befinden, die Verantwortung der endgültigen Kostenteilung.

Unter den Gesichtspunkten der Gleichstellung und wertschätzenden Anerkennung unterschiedlicher Lebens- bzw. Familienmodelle ist diese Praxis für eine Stadt wie Kerpen nicht akzeptabel.

Zudem möchten wir das Wechselmodell gegenüber dem Residenzmodell, als tolerante und der Gleichberechtigung verpflichtete Stadt fördern und fordern.

Finanzielle Benachteiligung darf hier kein Ausschlusskriterium für geteilte Carearbeit sein.

In Kommunen wie Hennef und Bad Honnef gilt die Praxis der getrennten Bemessung bereits. Hier zahlt „jeder Elternbeitragspflichtige den Elternbeitrag in der Weise, dass das jeweilige Einkommen zugrunde gelegt wird und der so ermittelte fiktive Monatsbeitrag ins Verhältnis zur tatsächlichen Aufenthaltszeit des Kindes bei diesen Personensorgeberechtigten gesetzt wird.“ (Elternbeitragssatzung Bad Honnef, 2019)

Es erscheint uns angemessen, dass eine moderne, vielfältige Stadt wie Kerpen ebenfalls die Möglichkeiten einer Anpassung im oben genannten Sinne prüft.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Dobbelstein
stv. Fraktionsvorsitzender