Verbesserung des Schutzes des Baumbestandes im Stadtgebiet Kerpen
Verbesserung des Schutzes des Baumbestandes im Stadtgebiet Kerpen als Präventiv- und Anpassungsmaßnahme zum sich weiter verstärkenden Klimawandel durch Wiederherstellung des in 2013 durch Änderungssatzung faktisch abgeschafften Schutzes von Nadelbäumen, Rückkehr zum Schutz von Laubbäumen auch mit geringeren Stammumfängen als nach derzeitiger Satzung sowie weiterer Neuregelungen durch Änderung der Satzung zum Schutz des Baumbestandes der Kolpingstadt Kerpen (Baumschutzsatzung)
Antrag für die Sitzung des Umweltausschusses am 17.05.2022
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die SPD-Fraktion beantragt für die Sitzung des Umweltausschusses am 17.05.2022 folgende Beschlussfassung:
Die derzeit geltende Fassung der Satzung zum Schutz des Baumbestandes der Kolpingstadt Kerpen (Baumschutzsatzung) wird in der Weise abgeändert, dass die sich durch die vom Stadtrat beschlossene Änderungssatzung vom 28.03.2013 ergebenden erheblichen inhaltlichen Verschlechterungen des Baumschutzes auf den ursprünglichen Schutzstatus vor dieser Satzungsänderung zurückgeführt werden.
Außerdem wird die derzeit geltende Satzungsfassung für die geforderten Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume, für die geforderten Ausgleichszahlungen für gefällte Bäume bei ganzer oder teilweiser Unmöglichkeit von Ersatzpflanzungen geändert und die Definition der bisher nicht definierten Begriffe „Härte“, „öffentliches Interesse“ und „allgemeines Wohl“ im Zusammenhang mit den gemäß § 4 verbotenen Handlungen, nämlich der Entfernung, Zerstörung, Schädigung oder wesentlichen Veränderung des Aufbaus geschützter Bäume, konkretisiert.
Im Einzelnen werden folgende Satzungsänderungen beschlossen:
§ 3 der Satzung – Geschützte Bäume
Neufassung der geänderten Satzungsfassung vom 28.03.2013 in Gestalt der vor der Änderung geltenden Satzungsregelung.
§ 6 Absatz 2 – Ausnahmen und Befreiungen
Erstmalige Definition der Begriffe „Härte“, „öffentliches Interesse“ und „allgemeines Wohl“ im Zusammenhang mit der Befreiung von Verboten des § 4 im Einzelfall.
§ 7 Absatz 2 Satz 1 der Satzung – Ersatzpflanzung für einen gefällten Baum bis zu 150 cm Stammumfang
Derzeitige Regelung: Ein Ersatzbaum mit Mindeststammumfang von 14 – 16 cm
Neufassung: Alternativ entweder 1 Ersatzbaum mit einem Mindeststammumfang von 20 – 25 cm oder 2 Ersatzbäume mit einem Mindeststammumfang von je 14 – 16 cm
§ 7 Absatz 2 Satz 2 der Satzung – Ersatzpflanzung für einen gefällten Baum von mehr als 150 cm Stammumfang
Derzeitige Regelung: Je 1 weiterer Ersatzbaum mit einem Mindeststammumfang von 14 – 16 cm
Neufassung: Alternativ entweder 1 Ersatzbaum mit einem Mindeststammumfang von 20 – 25 cm oder 2 Ersatzbäume mit einem Mindeststammumfang von je 14 – 16 cm
§ 7 Absatz 4 der Satzung – Ausgleichszahlung bei ganzer oder teilweiser Unmöglichkeit einer Ersatzpflanzung
Derzeitige Regelung: Pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250,00 € für den mittleren Kaufpreis der im Anhang aufgelisteten Baumarten zuzüglich 10 % für die Baumverankerung, 30 % Pflanzkostenpauschale und 30 % für die Anwuchspflege über zwei Vegetationsperioden.
Neufassung: Pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 500,00 €.
§ 7 Absatz 5 der Satzung – Ausnahmen von der Pflicht zur Ersatzpflanzung in „besonders begründeten Fällen“
Erstmalige begriffliche Konkretisierung dieser Regelung, wonach von der Regelung des Absatzes 1 (Plicht zur Ersatzpflanzung) in „besonders begründeten Einzelfällen“ Ausnahmen zugelassen werden können.
Vorteile der Konkretisierung: Größere Transparenz der getroffenen Einzelentscheidungen auch für Dritte, konkrete fachliche Hilfestellung für die entscheidenden Mitarbeitenden, Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Handhabung, mögliche Reduzierung der Zahl von Ausnahmegenehmigungen zur Fällung geschützter Bäume.
Begründung:
Der sich deutlich beschleunigende Klimawandel mit auch in unseren Breiten besonders in den Jahren 2018 – 2020 anhaltenden längeren Hitze- und Dürreperioden hatte und hat massive Baumverluste in unseren Wäldern zur Folge. Auch Zahl und Umfang von Waldbränden haben merklich zugenommen. Ebenso wurden unsere Straßenbäume und die Bäume in Parks und Gärten erheblichem Stress bis zum Absterben ausgesetzt. Die eingetretenen Verluste an Straßenbäumen wurden durch den häufigen relativ schlechten Zustand der Baumscheiben als Folge unzureichenden Volumens, unmittelbar angrenzender versiegelter Flächen und Leitungsverlegungen durch und unterhalb von Baumscheiben sowie steigender Abgasbelastungen durch den Straßenverkehr weiter befeuert.
Es ist wichtig, dass dem Klimawandel, aber auch den stetig ansteigenden Luftschadstoffbe-lastungen, in geeigneter Weise u. a. dadurch begegnet wird, dass der vorhandene Baumbestand, und zwar sowohl Laub- als auch Nadelbäume, mit ihrer wichtigen Filterwirkung verstärkt vor Fällungen geschützt wird.
Die durch den Stadtrat beschlossene Änderung der Baumschutzsatzung vom 28.03.2013 beraubte Nadelbäume grundsätzlich jeglichen Schutzes vor Fällungen und schränkte den Schutz von Laubbäumen durch Anhebung des geschützten Stammumfangs deutlich ein, so dass mehr Laubbäume schutzlos wurden.
Zur Begründung dieser erheblichen Einschränkungen des Baumschutzes wurde seinerzeit durch die Verwaltung auf eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes hingewiesen. Da der Schutz privater Bäume durch eine entsprechende Satzung zu den freiwilligen Aufgaben zähle, könne die Verwaltung „diesen Part nur mit einer Verringerung des Aufwandes leisten.“
Es ist davon auszugehen, dass diese Argumentation im Licht der schlimmen Folgen des fortschreitenden Klimawandels heute nicht mehr diese Relevanz besitzt.
Es müsste mittlerweile allen Beteiligten klar sein, dass jeder einzelne Baum wegen seiner wichtigen und klimarelevanten Eigenschaften und Schutzfunktionen nicht nur für den Schutz unseres Klimas, sondern auch unserer Gesundheit wichtig ist und die vor mittlerweile mehr als acht Jahren beschlossenen Verschlechterungen des Baumschutzes in unserem Stadtgebiet umgehend beendet werden müssen.
Das Leitmotiv des Vorwortes zur städtischen Baumschutzsatzung „Eine Stadt ist so reich, wie ihre Bäume zahlreich sind“ muss deutlich stärker in Gegenwart und Zukunft beachtet und in der täglichen Praxis konsequent gehandhabt werden.
Ein im Jahre 2018 von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegter vergleichbarer Antrag auf Änderung der Baumschutzsatzung wurde vor Beratung im Umweltausschuss zurückgezogen.
Es ist nach seither mittlerweile drei weiteren Jahren des ergebnislosen Wartens auf eine immer wieder angesprochene angestrebte Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW an der Zeit, den Baumschutz auch in Kerpen durch eine verbesserte Baumschutzsatzung zu optimieren.
Innerhalb des Landes NRW, das im Bundesvergleich ohnehin beim Wald- bzw. Baumbestand unterdurchschnittlich ist, gilt der Rhein-Erft-Kreis als sehr Wald arm. Außerhalb unserer wenigen Waldgebiete ist der Baumbestand im Kerpener Stadtgebiet relativ spärlich bzw. es fehlt je nach Stadtteil fast vollständig ein notwendiger angemessener Baumbestand. Der relative Baum arme größte Stadtteil Sindorf ist ein Beispiel dafür.
Wir können es uns nicht mehr leisten, Bäume nicht zu schützen, weil sie „nur“ Nadelbäume sind oder keine „heimische Baumart“ darstellen.
Ein gutes Beispiel dafür, dass Negativeinschätzungen von Nadelbäumen hinsichtlich ihrer ökologischen und klimarelevanten Wertigkeit durchaus revidiert werden müssen, ist die Douglasie – ein Nadelbaum aus dem westlichen Nordamerika. Die Douglasie ist im Zusammenhang mit der Frage nach den Baumarten der Zukunft unter schlechteren klimatischen Bedingungen, wie dauerhaft geringeren Niederschlägen, aktuell ein Hoffnungsträger, da diese Baumart deutlich weniger Wasser benötigt als manch andere einheimische Baumart. Aber auch Tannen stehen mittlerweile in einem positiveren Licht da.
Vier wichtige Ziele stehen im Vordergrund:
a) Grundsätzlich verstärkter Schutz von Bäumen vor Fällungen, also möglichst keine, zumindest aber eine relevante Reduzierung, von Baumfällungen
b) Ausweitung des Baumschutzes durch erneuten Schutz auch von Nadelbäumen und Laubbäumen mit geringerem Stammumfang
c) Bei Ersatzpflanzungen: Ein grundsätzlich beschleunigter Ersatz der verlorengegangenen wertvollen Biomasse der gefällten Bäume, da Setzlinge häufig mehrere Jahrzehnte benötigen, um die ökologisch und klimatisch wertvolle Substanz der gefällten Altbäume zu erreichen.
d) Erhöhung der zu entrichtenden Ausgleichszahlungen, wenn Ersatzpflanzungen ausnahmsweise ganz oder teilweise unmöglich sind, gegenüber der bisher relativ niedrigen Pauschalsumme von 250 € auf ein realistischeres, die tatsächlichen Kosten deckendes Maß. Immerhin sind von dieser Summe vier unterschiedliche Kostenarten zu finanzieren:
- Ein angemessener Kaufpreis
- die Baumverankerung
- die Pflanzkostenpauschale und
- die Anwuchspflege, die als Folge des Klimawandels für einen wachsenden Zeitraum zu gewährleisten, aber auch in einer größeren Häufigkeit und Intensität erforderlich ist.
Summarisches Ziel ist die Gewährleistung eines möglichst schnellen und substanziell angemessenen, ökologischen und klimatologischen Mengen- und Qualitätsersatzes mit ausreichender Pflege für die Ersatzbäume.
Die vom Stadtrat vor mehr als acht Jahren beschlossene Änderungssatzung vom 28.03.2013 enthielt in § 3 – Geschützte Bäume – gegenüber der vorherigen Satzungsfassung erhebliche substanzielle Verschlechterungen des Baumschutzes, wie beispielsweise
- Erstmalige Einstufung von zuvor geschützten Baumarten als nunmehr nicht mehr geschützte Bäume, z.B. alle zuvor ab einem Mindeststammumfang von 120 cm geschützten Nadelbäume (zuvor ungeschützt: nur Fichten) mit Ausnahme heimischer Eiben, wie Erlen und Korkenzieherweiden
- Schutz von Laubbäumen erst ab einem Mindeststammumfang von 120 cm gegenüber zuvor 80 cm
- Schutz von Eiben erstmals erst ab einem Mindeststammumfang von 100 cm gegenüber zuvor 50 cm
- Schutz mehrstämmiger Eiben und Laubbäume erst ab einer Summe der Stammumfänge von 120 cm gegenüber zuvor 80 cm und zugleich einem Mindeststammumfang mindestens eines Stamms von 50 cm gegenüber zuvor 40 cm
- Fortfall des Schutzes von Bäumen mit einem Abstand von weniger als 3,00 m zu Außenwänden von für den ständigen Aufenthalt von Menschen geeigneten Gebäuden
- Fortfall des Schutzes von Bäumen mit einem Abstand von weniger als 2,00 m zur Grundstücksgrenzen (ausgenommen: zu öffentlichen Grundstücken).
Außerdem werden Satzungsänderungen beantragt, hinsichtlich
- der derzeitigen Regelungen für die geforderten Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume
- der derzeitigen Regelungen für die geforderten Ausgleichszahlungen für gefällte Bäume bei ganzer oder teilweiser Unmöglichkeit von Ersatzpflanzungen
- der notwendigen erstmaligen Definition der Begriffe „besondere Härte“, „öffentliches Interesse“ und „allgemeines Wohl“ im Zusammenhang mit dem Verbot des § 4 – Verbotene Handlungen -, nämlich der Entfernung, Zerstörung, Schädigung oder wesentlichen Veränderung des Aufbaus geschützter Bäume.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Dobbelstein
stv. Fraktionsvorsitzender
und Landtagskandidat